Der erste Eindruck von Bloggerin Sarah Lettmann? Freundlich und ein bisschen gehetzt. Sie lächelt offen, aber ist ein wenig aus der Puste. Als Student mit Nebenjob gibt es dafür, gerade in der Prüfungsphase, natürlich einen guten Grund.

Sie studiert Informatik an der TU Darmstadt, arbeitet nebenbei als Web-Entwicklerin und betreibt einen Blog über ihren Lebensstil. Ihr Lebensstil, das heißt, eine Mischung aus Minimalismus und Zero Waste. Angefangen hat es aber mit dem Minimalismus, erzählt sie. „Viele Minimalisten lieben leere Oberflächen, weiße Möbel und eine schlichte Ästhetik. Zero Waste passt dazu wirklich gut.“ Ein Vorteil war da natürlich, dass sie schon immer ein gewisses Verständnis für Nachhaltigkeit hatte, und nicht „kopflos durchs Leben gegangen“ ist.

Vor drei Jahren stieß Sarah auf Lauren Singer, eine der bekanntesten Zero Waste Bloggerinnen aus den USA. So zogen die ersten Zero Waste Alternativen in ihre Wohnung ein. Heute haben Sarah und ihr Freund Felix ihren Müll schon um bis zu 75 Prozent senken können. „Ich denke, dass es jedem auf die Schnelle möglich wäre, seinen Müll um die Hälfte zu reduzieren.“ Die Veränderungen müssten nicht mal groß sein, erklärt sie. Schon das Trinken von Leitungswasser oder die Verwendung von Stofftaschen könne einen Unterschied machen.

Es bereitet einem Bauchschmerzen, wie viel Plastik verschwendet wird

Diese Aufklärung wurde im Laufe der Zeit immer mehr zur Aufgabe, die sie sich selbst gesetzt hat. Zum einen gibt ihr Blog ihr dafür eine passende Plattform. Aber auch auf persönlicher Ebene, gerade beim Einkaufen, kommt sie häufig mit anderen ins Gespräch. „Viele finden Zero Waste sinnvoll, wenn ich ihnen erkläre was das bedeutet, und finden es toll, wenn das jemand macht“, erzählt die 25-Jährige. Dabei ist das Einkaufen gehen oft auch äußerst frustrierend für sie, denn eingeschweißte Gurken und andere unnötige Plastikverpackungen erschweren ihr das Einkaufen oft.

Besonders verärgert ist die geborene Idsteinerin aber über Kunden, die beispielsweise für jeden Apfel eine extra Tüte verwenden. „Ich muss mich schon beherrschen, dass ich nicht zu solchen Leuten gehe, und sie frage warum sie das denn so machen“, erzählt sie und schüttelt frustriert den Kopf. Es bereite einem schon Bauchschmerzen, wenn man sieht wie viel Plastik andere Leute verschwenden, findet sie. Und seit dem sie sich mehr mit diesem Thema auseinander setzt, fallen ihr solche Sachen immer mehr auf. „Wenn man das Bewusstsein erst einmal hat, dann entwickelt sich auch eine Verantwortung dafür.“

Nicht verzichten, sondern bewusst einkaufen

Zu dieser Verantwortung gehört für sie auch das aufklären von Vorurteilen wie „Müllvermeidung ist viel zu teuer“. Um das Gegenteil zu beweisen, hat sie für ihren Blog extra Berechnungen veröffentlicht, die zeigen, dass man mit Müllvermeidung sogar Geld sparen kann. Einige Produkte wie eine Menstruationstasse oder Rasierhobel sind zwar in der Erstanschaffung teurer, aber rechnen sich auf Zeit durchaus. „An den richtigen Stellen spart Zero Waste ganz schön viel Geld. An anderen Stellen sollte man genau hinschauen und sich Alternativen überlegen“, erklärt Sarah. Man könne gerade Reiniger sehr schnell selbst machen und dabei viel Geld sparen. „Wenn man es clever macht, freut sich nicht nur die Umwelt, sondern auch der Geldbeutel.“

Zero Waste heißt also nicht unbedingt Verzicht sondern, bewussteres Einkaufen. Dazu gehört es auch, dass man darüber nachdenkt, ob manche plastikfreien Alternativen tatsächlich umweltschonender sind, wenn sie dafür sehr weite Transportwege hinter sich haben. Bambus-Zahnbürsten oder plastikfreies Mascara beispielsweise müssen oft aus Asien oder Amerika importiert werden. Diese langen Transportwege sind natürlich auch nur wenig nachhaltig.

Generell erfordert Onlineshopping etwas mehr Recherche, wenn man lästige Plastikverpackungen und Polstermaterial vermeiden möchte. „Man sollte aber immer im Hinterkopf haben, dass auch weniger Konsum einen großen Teil zu einem nachhaltigeren Lebensstil beiträgt“, findet Sarah. Eine Alternative seien Onlineshops deshalb vor allem für diejenigen, die keine passenden Läden in der Nähe haben. Mit dem Angebot in Darmstadt vermeidet Sarah Onlineshopping allerdings, besonders weil sie die Atmosphäre der kleineren Läden mag. Obst und Gemüse kauft sie bei Obsthaus Rebell, Müsli, Süßigkeiten und Co. gibt es bei Unverpackt. Bei tegut gibt es einige Lebensmittelwie zum Beispiel Kidneybohnen in Gläsern. Und tatsächlich kommt sie bei ihrem Einkauf mit einigen Leuten ins Gespräch, lächelt und scherzt locker mit den Mitarbeitern bei Unverpackt.

Do it yourself

Trotzdem gibt es natürlich auch Punkte, an denen sie noch weiter an sich arbeiten möchte. Bisher hat Sarah sich mit der Müllvermeidung nämlich auf ihren Haushalt konzentriert. Nachdem sich dort mittlerweile eine gewisse Routine eingefunden hat, sind ihr einige andere Punkte aufgefallen, die sie zukünftig verbessern will. Gerade beim Essengehen oder dem Besuch von Festen will sie nun beispielsweise eine Dose oder mehrfach verwendbare Strohhalme mitnehmen, um unnötigen Müll zu vermeiden.

Außerdem möchte Sarah sich auch mehr mit dem Thema „do it yourself“ beschäftigen. Selbstgemachte Mascara oder Badekugeln sind ein toller Ersatz für die handelsüblich eher eingepackten Varianten. Ein kleines Problem ist dabei nur, dass Sarah sich selbst eher nicht als „DIYerin“ sieht und es eher nervig findet so etwas regelmäßig selbst zu machen. Auch an selbst gemachte Gemüsebrühe will sich die 25-Jährige ran trauen um so auch noch die wenigen Lebensmittelreste, die sie haben vernünftig gebrauchen zu können. „Der einzige Punkt, der kritisch werden könnte: Der Platz im Gefrierschrank. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

Veröffentlicht auf P-Magazin Darmstadt

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