Wenn man an Norwegen denkt, dann denkt man vielleicht an weite Landschaften, Nordlichter oder Lachs. Norwegen ist zudem eines der Länder mit der höchsten Zeitungsauflagendichte pro Person, hat den höchsten Anteil von digitalen Abonnements (Stand 2015) und verteidigt seit Jahren den ersten Platz im Ranking der Pressefreiheit. Aber was heißt das genau für die norwegische Medienlandschaft?

„Generell konsumieren Norweger viele Nachrichten und Zeitungen“, findet Tone Tveøy Strøm-Gundersen, die als News Editor bei der größten norwegischen Zeitung Aftenposten arbeitet. Zwar haben auch Radio, Fernsehen und Internet ihre Relevanz, aber das Vertrauen der Norweger in ihre Zeitungen, ob gedruckt oder online, ist hoch. Trotzdem hatte auch Aftenposten, die größte Zeitung Norwegens, eine Zeit lang mit der Printkrise zu kämpfen, die uns hier in Deutschland nur zu bekannt ist. Sie haben jedoch einen Weg gefunden, damit umzugehen und konnten mit dem neuen Format „Aftenposten Junior“ sogar ihre Printauflage wieder erhöhen. Dr. Andreas Ytterstad ist Professor für Gesellschafts- und Medienwissenschaften in Oslo und findet, dass „gerade [Aftenposten] besonders erfolgreich damit war, die Zeitung so zu ändern, dass sie auch das Interesse eines jüngeren Publikums weckt“.

Aber nicht nur die Jüngeren sollen mit neuen Formaten angesprochen werden: „Wir nutzen unsere Position um digitale Formate und digitales Storytelling in geschriebener und visueller Form zu erweitern“, erklärt Strøm-Gundersen. Im Rahmen ihrer „engagement strategy“ werden die Leser nicht nur mit neuen Formaten angesprochen, es gibt auch regelmäßig Veranstaltungen und Diskussionen mit Experten und die Möglichkeit, mit den Journalisten ins Gespräch zu kommen. Das war allerdings nicht immer so.

Tendenz zur hohen regionalen Verbundenheit

Wenn man sich die Mediengeschichte Norwegens anschaut fällt auf, dass die Zeitungen früher sehr nah mit den politischen Parteien verknüpft waren. Das ist heute zwar nicht mehr so, dennoch hat diese Zeit die Medien geprägt. „Aftenposten war früher eine sehr rechte Zeitung. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sie deshalb einige Probleme. Wenn man die Zeitung heute liest, kann man das kaum glauben“, erzählt Roy Krøvel, Professor für Journalismus und Medien.

Besonders wichtig ist den Norwegern die Regionalität ihrer Medien. „Es gibt kaum Sender im Radio oder Fernsehen, die nicht in ihrem lokalen Dialekt moderieren“, so Krøvel. „Wenn man versuchen würde in einer standardisierten Sprache zu berichten, würde man schon schiefe Blicke ernten“. In Norwegen gibt es aufgrund dieser Tendenz zur hohen regionalen Verbundenheit heute noch viele Lokalzeitungen. Probleme mit sogenannten „white“ oder „blank spots“, also Regionen, in denen es keine lokale Berichterstattung gibt, halten sich daher in Grenzen.

Risiken der Monopolbildung

Dafür gibt es ein anderes Problem: Viele dieser kleinen Regionalredaktionen gehören zu den gleichen Verlegern. Die größten Anteile am Markt teilen sich drei Herausgeber – Schibsted Media, Amedia und Polaris Media. Dabei besitzt Schibsted und sein schwedischer Partner NWT die mehrheitlichen Aktienanteile an Polaris.

Zum Vergleich: In Deutschland gibt es fünf große Verlage – Axel Springer SE, Südwestdeutsche Medienholding, Funke Mediengruppe, DuMont Schauberg, und Madsack. Zusammen erreichen diese einen Marktanteil von circa 42 Prozent. Schibsted kommt zusammen mit Polaris auf über 50 Prozent.

Krøvel blickt kritisch auf diese Entwicklung: „Wir haben Gesetze gegen Monopolbildung, aber wir sehen, dass meistens doch Ausnahmen gemacht werden, wenn kleinere Zeitungen aufgekauft werden.“ Trotzdem gingen die Konzerne vergleichsweise gut mit dieser Situation um. „Den Verlagen sind die Probleme bewusst, bis jetzt halten sie sich deshalb aus dem Redaktionsgeschehen heraus.“

Sollte das nicht der Fall sein, gibt es auch in Norwegen einen Pressekodex, an den die Medien sich halten sollen. Der Norsk Presseforbund (NP) repräsentiert dabei keine bestimmte Mediengruppe, sondern überwacht die generelle Einhaltung von ethischen Grundsätzen in den Medien, den Vær varsom-plakate. Fast alle Journalisten sind dort als Mitglied eingeschrieben.

Arbeiten in Norwegen

Generell herrschen für die Journalisten in Norwegen noch relativ gute Bedingungen. Es wird zwar schon schwierig, Festanstellungen zu bekommen, aber „ein Großteil der Journalismus-Studenten der Oslo Metropolitan University (OsloMet) arbeitet nach dem Abschluss zumindest eine Zeit lang im Journalismus“, erzählt Krøvel. Die Verlage sind zwar verschwiegen, was genaue Zahlen bei Online-Abonnements und Einnahmen betrifft, aber die Paywalls scheinen sich zu lohnen. Und das Geschäft läuft laut Aussage der meisten Verlage ziemlich gut.

Als Journalist lohnt es sich jedoch auch in Norwegen, genau zu schauen, auf welche Stelle man sich bewirbt. Die beste Bezahlung und am wenigsten von Marktschwankungen betroffen bleiben weiterhin die Unternehmensmagazine. Und von denen gibt es in Norwegen einige. Special interest Magazine sind jedoch reduziert worden.

Während einige Journalisten neidisch auf die Arbeitsbedingungen in Norwegen blicken, gibt es viele Norweger, die gerne unsere Zeitungen hätten. „Deutsche Medien haben ein viel höheres Budget und sind viel größer als norwegische Zeitungen, dadurch wirken sie besonders intellektuell auf viele Norweger“, erklärt Krøvel.

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